Fotzelschnitte-Müesli statt Food Waste – wie eine kleine Mühle altes Brot verwertet
Das «alte» Brot aus der Bäckerei ist zu schade für die Biogas-Anlage. Die Dittligmühle macht aus diesem Restbrot ein köstliches Fotzelschnitte-Müesli und verhindert damit Food Waste.

Kurz & bündig
Das «alte» Brot aus Bäckereien und Supermärkten landet meist in der Biogas-Anlage.
Die kleine Dittligmühle bei Bern macht aus diesem Restbrot eine köstliche Birchermüesli-Mischung und verhindert damit Food Waste.
Die Spezialität hat den Namen Fotzelschnitte-Müesli erhalten.
Das Rezept erinnert an die Fotzelschnitten (Arme Ritter, Povesen) und weckt damit Kindheitserinnerungen.
Jeden Abend landen von der Nordsee bis zu den Alpen Hunderte Tonnen von Brot in Biogas-Anlagen oder noch schlimmer im Abfall: Franzbrötchen, Bürli und Kipferl – perfekt gebacken, aber wertlos, sobald die Nacht hereinbricht. Auf Neudeutsch heisst das «Food Waste» – auf gut Deutsch schlicht Lebensmittelverschwendung.
Was andere wegwerfen, verwandelt die Dittligmühle in ein Müesli aus Restbrot – und macht es zum Verkaufsschlager. Die Dittligmühle mahlt seit 1848 im Dorf Längenbühl eine halbe Stunde südlich von Bern. Seit 2012 gehört Längenbühl zum Regionalen Naturpark Gantrisch.

«Altes Brot ist nicht hart. Kein Brot, das ist hart!» – deshalb wurden Fotzelschnitten erfunden
Im 19. Jahrhundert arbeitete im Mühlegebäude auch eine Bäckerei – heute ein romantisches Kaffeestübchen – in der Brot gebacken und verkauft wurde. Restbrot gab es damals kaum. War das Brot altbacken, hat man damit Fotzelschnitten gebraten (in Deutschland Arme Ritter und in Österreich Pofesen).
Im 19. Jahrhundert tunkten die Bäuerinnen die altbackenen Brotscheiben in Ei und Milch und brieten sie in Butterschmalz goldbraun. Mit Zimtzucker bestreut, verschlang die ganze Familie die Fotzelschnitten mit Heisshunger.
Mit Pflaumenmus zwischen zwei Fotzelschnitten wurden daraus «Reiche Ritter». Für den Grossvater gab es manchmal die frivole Variante «versoffene Jungfrau», bei der die Milch durch gewürzten Rotwein ersetzt wurde.

Im Jahr 2025 lanciert die Dittligmühle das Fotzelschnitten-Müesli aus Restbrot
Carmen Bezençon und der «Dorfbeck» im 20 Kilometer entfernten Schwarzenburg störten sich schon lange daran, dass das Restbrot in der Biogas-Anlage landet. «Das geht heute nicht mehr!» Erst recht nicht im Naturpark Gantrisch, der die Region schützen und gleichzeitig weiterentwickeln soll.
Ein Lieferant der Dittligmühle erinnerte sich an einen Bäcker, der das Restbrot für ein Müesli verwendete – die Idee aber wieder verwarf. Von diesem Projekt liess sich Carmen Bezençon inspirieren. Zusammen mit ihrem Team entwickelte sie daraus das Fotzelschnitte-Müesli.
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