Ein Haufen Risiko – Hundekot auf der Wiese führt zu Fehlgeburten bei Kühen
Ein Hundehaufen auf der Wiese ist kein Bagatellfall. Der Hundekot kann wegen eines Parasiten bei Kühen Fehlgeburten verursachen. Wer den Hundehaufen liegen lässt, handelt rücksichtslos.
Kurz & bündig
Wenn Hunde ihren Haufen auf einer Weide mit Kühen machen, kann das für die noch ungeborenen Kälber tödlich sein.
Hund können einen Parasiten in sich haben, der bei Kühen zu Fehlgeburten führt: Neospora caninum.
Schon ein einziger Hundehaufen auf einer Wiese kann das Futter einer ganzen Herde verunreinigen – die Parasiten überleben sogar Silierung.
Hofhunde sind Hauptverbreiter, weil sie Nachgeburten und rohes Fleisch fressen können. Aber auch infizierte Familienhunde können grossen Schaden anrichten.
Wer nicht nur seinen Hund liebt, sondern auch die Kühe und Kälber, sammelt aus Respekt gegenüber den Tieren den Hundekot ein.
Auf einer Wanderung in den Schweizer Alpen. Neben den karminrot leuchtenden Alpenrosen und dem violetten Storchschnabel duftet das Kohlröschen intensiv nach Vanille. Auf den Alpwiesen fressen Kühe bedächtig die Bergkräuter. Aus ihrer Milch produzieren die Sennen einen würzigen Alpkäse.
Und mittendrin – zwischen Alpenrosen, Storchschnabel und Kohlröschen – hockt ein Hund, dreht sich im Kreis, presst seinen Haufen ins Gras. Dann trottet der Hund seiner Besitzerin nach, die einfach weiter geht. Der Hundekot bleibt liegen.

Nein, ich bin kein «Tüpfli-Schisser» (Helvetismus für Korinthenkacker). Ich wandere selbst mit meinem Hund in den Bergen und mein Hund macht dort auch seine Haufen. Aber ich lasse diese nicht liegen. Das geht gar nicht!
Das zeigen auch die jahrzehntelangen Forschungen von Michael Hässig, Leiter des Diagnostikzentrums Nutztiere an der Vetsuisse-Fakultät der Universitäten Bern und Zürich. Er kennt alle relevanten Studien und Daten zum Thema Hundekot auf Wiesen.
Warum ist Hundekot für Kühe gefährlicher als Kuhfladen?
Kuhfladen gehören zum natürlichen Kreislauf auf der Wiese. Genauso wie die Gülle (eine dickflüssige Mischung aus Kot und Harn der Kühe), welche die Landwirte frühzeitig ausbringen, bevor eine Herde auf die Weide kommt.
Weil Kühe Pflanzenfresser sind, enthalten ihr Kot und ihre Gülle keine Erreger, die anderen Kühen gefährlich werden können.
Anders bei Hunden: Diese sind Karnivoren (Fleischfresser), die den gefährlichen Parasiten Neospora caninum in sich tragen können.
Von Neospora caninum befallene Hunde scheiden winzige Eier dieses Parasiten über den Kot aus, sogenannte Oozysten. Diese Eier können monatelang im Gras überleben, aber auch im Heu und in der Silage. Nicht einmal die Silierung tötet sie ab, die Oozysten sind sogar gegen Säure und Gärung resistent.
Frisst eine Kuh dieses Gras, kann sie sich infizieren. Die Folge: Eine Fehlgeburt. Und die infizierte Kuh bleibt ihr Leben lang Trägerin des Erregers und gibt ihn an ihre ungeborenen Kälber weiter.
Kurz gesagt: Ein Hundehaufen kann für Kühe und ihre ungeborenen Kälber tödlich sein. Ein Kuhfladen und die Gülle nicht.

Warum ist ein Hund mit Neospora caninum so problematisch?
Neospora caninum ist ein Einzeller, der weltweit verbreitet ist. Dieser Parasit kann sich nur im Hund vollständig entwickeln und seine Eier bilden. Für den Hund selbst ist der Parasit meist harmlos.
Hunde sind der sogenannte Endwirt des Parasiten. Kühe, Schweine, Pferde, Schafe und Ziegen, Hirsche und Füchse können zwar Zwischenwirte sein, in denen der Parasit überlebt. In diesen Tierarten kann er sich aber nicht geschlechtsreif vermehren – und nur Hunde scheiden den Erreger aus.
Wie gelangt der Parasit Neospora caninum vom Hund in die Kuh?
Damit ein Hund zum Überträger von Neospora caninum wird, muss er den Parasiten zuerst aufnehmen. Das passiert, wenn er mit dem Parasiten infiziertes Gewebe frisst, zum Beispiel:
Nachgeburten oder abortierte Kälber auf dem Bauernhof
Rohes Rindfleisch, vor allem aus unsicherer Herkunft
Futterreste mit Fleischanteil aus Schlachtabfällen (zum Beispiel bei BARF-Fütterung)
Sobald der Hund dieses Gewebe frisst, nistet sich der Parasit in seinem Darm ein. Dort vermehrt er sich und bildet seine widerstandsfähigen Eier.

Welche Folgen hat eine Infektion mit dem Parasiten für Kühe?
Schon ein einziger Hundehaufen auf der Wiese kann reichen, um das Futter einer ganzen Kuhherde zu verunreinigen. Über das Gras, Heu oder die Silage gelangen die Oozysten in den Magen der Kühe. Von dort aus wandern die Parasiten über den Blutkreislauf bis zur Gebärmutter, wo sich ungeborene Kälber infizieren.
Wenn eine Kuh mit dem Parasiten infiziert ist, kann es zum Abort kommen, zu Missbildungen oder lebensschwachen Kälbern.
Noch schlimmer: Mit Neospora caninum infizierte Kühe bleiben ihr Leben lang Trägerinnen und geben den Erreger über die Plazenta an ihre Kälber weiter. Man spricht dann von einer vertikalen Übertragung. Es gibt keine präventive Impfung und auch keine Heilung.
Hofhunde sind Hauptverbreiter, Familienhunde «nur» sekundäre Überträger
Die Studien von Michael Hässig zeigen, dass Hofhunde die Hauptverbreiter von Neospora caninum sind. Also Hunde, die auf Bauernhöfen oder in der Alpwirtschaft leben und Zugang zu Nachgeburten, Abortmaterial oder rohem Rindfleisch haben.
Über 50 Prozent der Hofhunde sind mit Neospora caninum infiziert. Nur wenige scheiden Oozysten aus – aber diese Hofhunde können hoch infektiös sein.
Familienhunde tragen deutlich seltener den Parasiten in sich. In der Schweiz sind es gemäss den Untersuchungen von Hässig «nur» 2 Prozent der 560’000 Familienhunde. Aber ein einziger infizierter Hund kann eine ganze Kuhherde gefährden.
Das traurige Resultat: Das Diagnostikzentrum für Nutztiere an der Vetsuisse-Fakultät Zürich identifiziert bei einem Drittel aller Abortfälle von Kühen den Parasiten Neospora caninum als Ursache.

Verantwortungsvolle Hundebesitzer greifen zum Hundekot-Beutel
Nächstes Wochenende bin ich mit meinem Hund wieder in den Bergen. Und nein, ich bin kein «Tüpflischisser». Aber wenn mein Hund seinen Haufen auf einer Wiese oder Alpweide macht (und überall sonst natürlich auch), lasse ich den Hundekot nicht liegen.
Ich nehme einen Hundekot-Beutel, hebe den Kot auf und verknote den Beutel. Dann lege ich den vollen Beutel in eine Plastikbox, die ich zu diesem Zweck immer im Rucksack habe. Der volle Beutel landet unterwegs im nächstbesten Abfallkübel.
Und ab jetzt nehme ich auch die Haufen von fremden Hunden mit und entsorge sie verantwortungsvoll.

🐕 Praxis-Tipps für Familienhunde-Halter
Fütterung überdenken
Keine BARF-Fütterung («biologisch artgerechte Rohfütterung») mit Rindfleisch oder Innereien
Unterwegs kein Fressen von rohem Wild (Kadaver), Nachgeburten oder Aas zulassen
Weiden respektieren
Keine Hunde-Spaziergänge über bewirtschaftete Wiesen
Alpwiesen mit weidenden Kühen meiden oder Hund an die Leine nehmen
Kontrolle statt Freigang
Hund unterwegs immer im Blick – besonders in Landwirtschafts- und Jagdgebieten
Kein unbeaufsichtigter Freigang auf Bauernhöfen oder bei Stallbesuchen
Hundekot entsorgen
Hundekot immer und überall einsammeln – besonders auf Wiesen, Weiden und am Waldrand
Hundekot-Beutel richtig entsorgen, nicht im Gras oder unter einem Stein «verstecken»
Tierärztliche Beratung nutzen
VeterinärIn bei Fragen zur Ernährung oder bei Auslandsreisen beiziehen
Bei auffälligem Verhalten (Fressen von Tierresten, Durchfall) abklären lassen
🐕 Praxis-Tipps für Hofhunde-Halter
Zugang kontrollieren
Hofhunde haben keinen Zugang zu Nachgeburten oder abortierten Kälbern
Abortmaterial und Plazenten werden sofort entfernt und sicher entsorgt
Fütterung anpassen
Keine Fütterung von rohem Rindfleisch oder Schlachtabfällen
Hofhunde erhalten nur gekochtes Futter oder zertifiziertes Hundefutter
Freigang begrenzen
Hofhunde streunen nicht unbeaufsichtigt über Weiden, Silohaufen oder Gülleplätze
Bewegungsradius ist eingegrenzt (zum Beispiel durch Einzäunung oder klare Hofzonen)
Tiergesundheit überwachen
Bei Fruchtbarkeitsproblemen wird auch der Hofhund in die Diagnostik einbezogen
Regelmässige tierärztliche Betreuung – auch ohne sichtbare Symptome
Danke für die Mahnung, können alle Hundemenschen immer wieder mal brauchen. Wenn ich ausschließlich Trockenfutter aus dem Handel verwende, ist der Erregerkreislauf wohl nicht möglich, oder?