Anleitung zum Pilze sammeln: Ausrüstung, Regeln, Bestimmungs-Buch & App
Die Gebrauchsanweisung zum Pilze sammeln: Ausrüstung, das beste Pilz-Bestimmungsbuch & App, Saison und lokale Regeln – damit die Suche nach Steinpilz, Pfifferling und Parasol nicht im Spital endet.

Kurz & bündig
Eine Anleitung zum Pilze sammeln in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Wann, wie und wo darf man Pilze sammeln?
Diese Ausrüstung braucht es fürs Pilzesammeln: Festes Schuhwerk, Korb und Messer.
Das beste kompakte Pilz-Bestimmungsbuch und die beste App auf dem Smartphone.
Tipps für die Pilz-Bestimmung: Mit Steinpilzen, Pfifferlingen und Parasol auf der sicheren Seite.
Ich stapfe durch den Wald. Kein Motorengeräusch ist zu hören, nur das Knacken von Ästen und weit entfernt Kuhglocken. Plötzlich sehe ich ihn: den ersten Steinpilz auf meiner heutigen Pilz-Exkursion.
Er ist nicht gross. Der Hut ist sattbraun, leicht glänzend, rund wie eine polierte Kastanie. Auf der Unterseite weisse Röhren, fest wie Porzellan. Der Stiel dick, gedrungen und so fest wie der Daumen eines Physiotherapeuten.
Mit dem Messer schneide ich den Steinpilz direkt am Boden ab und bedecke den Stumpf mit dem Myzel darunter mit Erde oder Laub – sauber, achtsam, respektvoll.
Im Korb duftet der Steinpilz dezent nach Waldboden, nach Nüssen, nach Herbst. Am Abend wird er in der Pfanne sein wahres Aroma zeigen: zart, nussig, und so überzeugend, dass selbst ein Steak daneben blass wirkt.

Pandemie-Effekt, Food-Trends und Instagram machen das Pilzesammeln populär
Pilze sammeln erlebt gerade ein Comeback, als hätte man den Wald neu erfunden. Spätestens seit der Covid-19-Pandemie strömen Städter hinaus, sammeln haufenweise Pilze und teilen ihre Körbe wie Trophäen auf Instagram. «Foraging» (Futtersuche) heisst das im hippen Englisch.
Der Boom hat auch seine Schattenseiten: Viele Einsteiger kennen kaum den Unterschied zwischen Steinpilz und Knollenblätterpilz, reissen alles aus dem Waldboden, was einen Hut trägt, und trampeln dabei das Myzel platt. Im dümmsten Fall landen sie nach dem Pilz-Essen mit Bauchkrämpfen im Spital.
Pilze sammeln ist keine Raketenwissenschaft – aber man sollte mit Respekt an die Sache gehen. Deshalb bin ich heute mit Manuel Kellner im Wald unterwegs. Der Pilzexperte lebt in Zürich und vermittelt mit seinen «Wild Fungi Forest Tours» die Kultur- und Naturgeschichte der Pilze, Lebensräume und Bestimmungsmerkmale.
«Man braucht weder GPS noch Survival-Training. Einen Korb, ein Messer, ein bisschen Geduld – und die Bereitschaft, bei der ersten Tour vielleicht mehr Mückenstiche als Pilze nach Hause zu bringen.» – Manuel Kellner

Jeder Pilzsammler braucht einen Korb, festes Schuhwerk, Messer und ein Pilzbestimmungs-Buch oder App
Pilze wachsen nicht ordentlich beschriftet am Waldrand, so nach dem Motto «Hallo, ich bin ein Steinpilz – bitte pflücke mich!» Sie tarnen sich. Sie verstecken sich. Und sie lieben es, Einsteiger zu narren. Darum: Vorbereitung ist alles.
Vergessen Sie Plastiktaschen, Pilze schwitzen darin schneller als die Pendler in der vollgestopften S-Bahn. «Nehmen Sie einen Korb mit, in dem die Beute atmen kann. Dazu festes Schuhwerk und ein scharfes Messer», rät Manuel Kellner.
Für Anfängeraber auch Pilzkenner ist zudem ein kompaktes Pilzbestimmungs-Buch oder eine App auf dem Smartphone sinnvoll:
📗 «BASIC Pilze: 127 Arten einfach und sicher erkennen - In drei Schritten zur richtigen Art. Der Naturführer für deine Jackentasche» von Markus Flück
Kosmos-Naturführer Basics
Taschenbuch mit 128 Seiten, etwas grösser als eine Postkarte
ISBN-13 : 978-3440173879
10 Franken/Euro127 Arten, bewusst reduziert auf die häufigsten und wichtigsten Speisepilze und gefährliche Doppelgänger. Das Buch führt in drei Schritten (Hut, Stiel, Lamellen/Röhren) zur richtigen Art. Es ist klar und übersichtlich aufgebaut, mit vielen Fotos und Piktogrammen. Ideal für Pilzsammler, welche die Basics beherrschen wollen.
📱 App: «Pilzführer Schweiz – Pilze Pro»
Sehr umfangreiche Datenbank auch für Deutschland und Österreich (500+ Arten, 3000+ Fotos. Von Biologen erstellt, offline nutzbar. Klare Hinweise zu essbar/giftig, typische Verwechslungspartner angegeben. Sauber aufgebaut, wissenschaftlich fundiert. GPS-Markierung von eigenen Fundstellen. Für ernsthafte Sammler eine der besten deutschsprachigen Apps.
18 Franken/Euro

Wann und wo findet man Pilze – und von welchen Pilzen sollte man die Finger lassen?
Geeignete Orte und Zeiten
Pilze mögen Wälder, klar. Aber nicht jeder Wald ist ein Pilz-Supermarkt. «In Mischwäldern findet man am ehesten Pilze, dort hat es Fichten und Buchen, etwas Licht und etwas Schatten» ist die Faustregel von Manuel Kellner.
«Nach Regenfällen haben Sie die besten Chancen – der Wald wird dann quasi zum Pilz-Buffet.» Saisonstart ist meist Spätsommer bis Herbst.
Die ersten sicheren Speisepilze
Die Klassiker für Einsteiger sind Steinpilze (brauner Hut, fester Stiel und fast unverwechselbar) oder Pfifferlinge/Eierschwammerl (dottergelb und nicht zu übersehen).
🆘 Achtung: Verwechslungsgefahr
Ein falscher Griff, und nach dem Abendessen gibt es Bauchkrämpfe:
Der Fliegenpilz ist zum Glück leicht zu erkennen (rot, weiss gepunktet – wie im Märchenbuch)
Der Knollenblätterpilz kann aussehen wie ein Täubling oder Champignon
Der Gallenröhrling kann aussehen wie ein Steinpilz
Bei Vergiftungs-Symptomen nichts weiter essen und trinken, Reste aufbewahren, sofort anrufen:
🇨🇭 Schweiz Tel. 145, Website
🇦🇹 Österreich Tel. 01 406 43 43, Website
🇩🇪 Deutschland, Telefonnummern siehe Website
Damit es gar nicht erst soweit kommt, gilt die wichtigste Faustregel des Pilzexperten:
«Wenn Sie nicht absolut sicher sind, bleibt der Pilz im Wald. Ihre Instagram-Story ist einen Aufenthalt im Notfall nicht wert.» – Manuel Kellner

Wann, wie und wo darf man in Deutschland, Österreich und der Schweiz Pilze sammeln?
Auch im Wald gilt: Es gibt Regeln – und die ändern sich von Land zu Land, manchmal sogar von Kanton zu Kanton oder von Bundesland zu Bundesland. Wer sie ignoriert, riskiert nicht nur eine saftige Busse, sondern auch böse Blicke von passionierten Sammlern.
🇩🇪 Deutschland
Nach der «Handstrauss-Regel» dürfen Pilze in kleinen Mengen für den Eigenbedarf gesammelt werden – so, als würden Sie einen Blumenstrauss pflücken. Aber: Mehr als zwei Kilo pro Person und Tag sind in vielen Bundesländern verboten. Manche Wälder sind Naturschutzgebiete, dort gilt absolutes Sammelverbot. Bei der Pilzbersatungsstelle können Sie Ihre Ausbeute prüfen lassen, kostenlos und zuverlässig.
🇦🇹 Österreich
In der Alpenrepublik ist das Pilze sammeln streng geregelt. Maximal zwei Kilo pro Person und Tag, gesammelt werden darf nur zwischen 7 und 19 Uhr, damit die Tiere nachts ihre Ruhe haben. Bei der Pilzberatungsstelle können Sie Ihre Ausbeute prüfen lassen, kostenlos und zuverlässig.
🇨🇭 Schweiz
In der Schweiz fällt sogar der Regen kantonal unterschiedlich – mal schüttet es wie aus Kübeln, mal mit der Giesskanne und in Graubünden wie aus dem Güllefass. Kein Wunder, sind auch die Pilz-Regeln kantonal oder sogar regional unterschiedlich.
In vielen Regionen dürfen Sie an geraden Tagen sammeln, an ungeraden nicht – oder vom 1. bis zum 10. des Monats ist das Pilze sammeln verboten – was den Bestand schützt. Auch Mengenbeschränkungen von ein bis zwei Kilo sind üblich. Bei der Pilzkontrolle können Sie Ihre Ausbeute prüfen lassen, kostenlos und zuverlässig.

Praktische Tipps für Einsteiger zum sicheren Pilze sammeln
Noch eine Faustregel des Pilzexperten:
«Lieber einmal zu viel im Bestimmungsbuch nachschauen, als einmal zu viel in den Korb legen.» – Manuel Kellner
Bestimmen – oder besser: bestimmen lassen
Vertrauen Sie nie blind auf Ihr Bauchgefühl. «Sieht doch aus wie Champignon ist kein wissenschaftliches Argument», betont der Pilzexperte.
Besser als das Bauchgefühl ist ein Bestimmungsbuch oder eine App (siehe oben: Jeder Pilzsammler braucht […] ein Pilzbestimmungs-Buch oder App). «Dazu ein Pilz-Kurs oder eine geleitete Pilz-Exkursion», erklärt Manuel Kellner. «Und das Allerbeste ist: alles, was Sie nicht eindeutig kennen, in der Pilzberatungsstelle (Pilzauskunftsstelle, Pilzkontrollstelle) zeigen.»
Transport & Aufbewahrung
Pilze mögen Luft und Platz. «Im Korb bleiben edle Steinpilze auch edle Steinpilze», erklärt der Pilzexperte, «in der Plastiktüte werden sie zu einer Vorstufe von Konservendosen-Champignons.»
Zuhause sollte man die Pilze gleich ausbreiten, sortieren, kontrollieren und mit einem kleinen Küchenmesser, einem Pinsel oder einem Stück Küchenpapier putzen. «Nie mit Wasser waschen!», sagt Manuel Kellner. «Pilze heissen nicht umsonst Schwammerl. Wenn man sie unter den Hahn hält, saugen sie sich voll wie ein Schwamm und werden matschig.»
Haltbarkeit & Zubereitung
Frisch gesammelt ist am besten auch frisch gegessen. Pilze sollte man am selben Tag verarbeiten, spätestens am nächsten Tag.
Roh sind nur wenige Pilze essbar! Deshalb Bratpfanne auf den Herd und Steinpilze in Butter, Pfifferlinge mit Rahm anbraten. Pilze nicht mit Speck anbraten, sie haben ihren eigenen, feinen Geschmack.
Sicherheit zuerst
Auch Manuel Kellner, der sonst Pilze so sicher bestimmt wie andere Leute ihr eigenes Auto im Parkhaus, lebt nach der goldenen Regel: «Wenn ich unsicher bin, bleibt der Pilz im Wald.»
Und jetzt schaue ich zu, wie der Pilzexperte vor einem Exemplar steht, das selbst ihn ratlos macht. Er macht ein Foto und fragt später die Pilzkontrolleure. Schulterzucken auch dort. Im Wald gibt es eben immer noch Pilzarten, die sich nicht mal von den Profis erwischen lassen.
Und zuletzt – Geduld
Vielleicht bringen Sie auf der ersten Tour nur drei schiefe Pilze und ein paar Mückenstiche nach Hause. Macht nichts. Pilze sammeln ist kein Einkauf im Supermarkt, sondern eher wie Dating: Manchmal dauert es, bis man den Richtigen findet.

Pilze sammeln hat in Deutschland, Österreich und der Schweiz seine kulturellen Besonderheiten
Pilze sammeln ist in den DACH-Ländern kein einheitliches Hobby, sondern fast schon eine Frage der Identität. Wer zum Pilzesammeln in den Wald geht, betritt auch ein kleines Stück Kulturgeschichte.
🇦🇹 Österreich
In der Alpenrepublik werden Pfifferlinge als Eierschwammerl bezeichnet. Pilze gehören hier zum Jahreslauf wie Marillenknödel (Juli und August) oder das Martini-Gansl (November).
Manche Familien haben regelrechte Schwammerl-Rituale: Grossmutter erkennt jeden Pilz schon am Geruch, die Mutter sortiert und entscheidet definitiv. Der Vater trägt den Korb und die Verantwortung für die Kinder, die begeistert alles anschleppen, was wie ein Pilz aussieht.
🇩🇪 Deutschland
In der Autorepublik gilt: Steinpilz und Pfifferling sind Könige des Waldes. Ganze Familien brechen im Herbst auf. Immer mit Picknickdecke, Brotdose und Thermoskanne im Gepäck.
Jede Familie kennt ihren geheimen Platz und verrät ihn nicht mal den besten Freunden. Wer fragt: «Wo hast du den gefunden?», kriegt ein Lächeln und ein «Ach, gleich da hinten…» – was übersetzt soviel heisst wie: «Frag nie wieder!»
🇨🇭 Schweiz
In der Bankenrepublik ist das Pilzesammeln so klar geregelt wie das Bankengeheimnis, nur ohne schmutzige Tricks. Dafür hat jeder Kanton seine eigenen Regeln (siehe oben: «Wann, wie und wo darf man […] in der Schweiz Pilze sammeln?»)
Am Abend schauen die Pilzkontrolleure streng in den Korb – und nicken oder schütteln den Kopf. Die Enttäuschung, dass ein «schöner» Pilz im Abfall landet, wird durch die Gewissheit kompensiert, dass man sich damit das Magenauspumpen im Notfall erspart.

Ob geheimniskrämerisch in Bayern, familiär-ritualisiert im Wienerwald oder streng geprüft im Zürcher Oberland – Pilze sammeln hat überall seine Eigenheiten.
Aber eines ist gleich, sagt Manuel Kellner zum Abschied: «Man trägt einen Korb mit Pilzen nach Hause und hat nach dem Abendessen dieses zufriedene Gefühl, dass man den Wald nicht nur gesehen, sondern geschmeckt hat.»
Wird es gleich beim ersten Mal den perfekten Steinpilz geben? Eher nicht. Wahrscheinlicher ist: Sie stapfen eine Stunde durch den Wald, finden drei winzige Pilze und erzählen trotzdem wochenlang davon. Willkommen im Club.